Bidirektionales Laden wird zur Selbstverständlichkeit – aber nur, wenn wir jetzt die nötige Arbeit leisten

Von: Kurt Østrem, CEO von Zaptec

Kürzlich nahm ich an einer Podiumsdiskussion beim Nordic EV Summit teil – Europas führendem Treffpunkt für Gestalter der Zukunft der Elektromobilität. Das Thema war bidirektionales Laden, oder V2G (Vehicle-to-Grid), das genauso selbstverständlich werden wird wie das Aufladen eines Elektrofahrzeugs. Denn es geht nicht nur darum, eine Batterie aufzuladen – es geht darum, das Auto zu einem aktiven Teil unseres Energiesystems zu machen. Und das verändert alles.

Aber damit das passiert, müssen wir die Arbeit jetzt leisten.

Eine Notwendigkeit für Europas Energiesystem

Beginnen wir mit dem "Warum". V2G kommt nicht, weil es eine schillernde neue Technologie ist. Es kommt, weil wir es brauchen.

Europa steht vor einer massiven Elektrifizierung, und die grüne Wende erfordert eine flexiblere und ausgewogenere Stromversorgung. Solarenergie kann nicht gespeichert werden – Autobatterien hingegen schon. Laut der britischen National Travel Survey 2022 stehen Autos etwa 95% der Zeit. Was also, wenn sie auch helfen könnten, das Stromnetz zu stabilisieren und überschüssige Energie zu speichern? Genau das macht V2G.

Es wird ein ebenso natürlicher Teil des Netzes werden wie das Laden heute. Aber es wird nicht von selbst geschehen.

Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Während der Podiumsdiskussion hob ich drei spezifische Anforderungen hervor, um V2G zur Selbstverständlichkeit zu machen:

  1. Installateure müssen wissen, wie man es installiert. Dies ist eine neue Technologie und sie erfordert neue Fähigkeiten. Ohne eine sichere, korrekte Installation kommen wir nicht weiter.
  2. Wir brauchen Standards. V2G kann keine proprietäre Technologie zwischen einem Auto und der Ladestation sein. Es muss über Automarken, Grenzen und Energieversorger hinweg funktionieren. Deshalb beteiligen wir uns aktiv an der europäischen Standardisierung, einschließlich einer Partnerschaft mit Polestar, und wir unterstützen Initiativen wie Task 53, die V2G in ganz Europa im großen Maßstab testet.
  3. Energieunternehmen müssen bereit sein, Strom zu empfangen. In den Niederlanden sind einige Akteure bereits soweit. In Norwegen haben wir ein robustes Stromnetz und viele Elektrofahrzeuge – aber der Energiesektor bewegt sich nicht so schnell. Wir müssen das Tempo erhöhen – auch wenn der unmittelbare Bedarf lokal weniger dringend erscheint.

Von der Zukunftsvision zur technischen Realität

V2G ist längst kein theoretisches Konzept mehr. Das EU-Rahmenwerk ist auf dem Weg und soll bis 2029 fertiggestellt sein. Aber schon jetzt fragen große Ladepunktbetreiber (CPOs) in Ausschreibungen nach V2G-fähigen Lösungen. Sie wollen die Hardware nicht in drei Jahren ersetzen – sie wollen jetzt bereit sein. Gleichzeitig rufen unsere Kunden an und fragen nach V2G-Ladestationen für morgen. Es gibt eine klare Lücke zwischen Erwartungen und Realität. Die Technologie existiert, ist aber noch nicht vollständig verfügbar.

Dennoch können wir es uns nicht leisten zu warten. Gemeinsam mit Polestar entwickeln wir Lösungen auf Basis aktuellen Wissens und bestehender Standards.

Wir testen. Wir lernen. Wir passen uns an das an, was kommt. So wird die Zukunft gestaltet – durch Handeln.

Mehr als nur Laden

Damit V2G funktioniert, braucht man mehr als einen innovativen Hersteller von Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Es ist ein Wandel in der Art und Weise, wie wir über Energieversorgung denken. Wenn ein Auto Ihr Haus – oder Ihre Nachbarschaft – mit Strom versorgen kann, stellen wir die Logik des gesamten Energiesystems auf den Kopf. Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Ihr Auto die Batteriereserve Ihres Hauses ist. Das ist keine Science-Fiction. Das ist es, was wir aufbauen.

Die Kommunikation zwischen Hardware – dem Auto und der Ladestation –, Cloud-Plattformen und dem Stromnetz muss nahtlos funktionieren. Das bedeutet, dass das OCPP-Kommunikationsprotokoll funktionieren muss, ISO- und IEC-Standards eingehalten werden müssen und die Sicherheit felsenfest sein muss.

Und ja, es muss auch ein Geschäftsmodell geben. Jemand muss verstehen, wie die Energieflüsse ablaufen – und wer für was bezahlt wird.

Bereit für die nächste Stufe

V2G wird über das Laden, wie wir es heute kennen, hinauswachsen. Es ist kein Zusatz – es ist das nächste Kapitel. Bei Zaptec beabsichtigen wir, auf dem Fahrersitz zu sitzen, gemeinsam mit Partnern wie Polestar und führenden europäischen Forschungsgemeinschaften. Um Einfluss zu nehmen. Um zu lernen. Und um Lösungen zu liefern, die funktionieren – über Automarken und Grenzen hinweg.

Aber dies erfordert Handeln, nicht nur von denjenigen von uns, die die Technologie entwickeln, sondern von der gesamten Wertschöpfungskette: Installateuren, Energieunternehmen, politischen Entscheidungsträgern und nicht zuletzt Verbrauchern, die bereits neugierig und bereit sind.

V2G ist längst keine Frage des Ob mehr. Es ist eine Frage des Wann.